Schlechtes Zeugnis für die „Pflegenoten"

NRW

Bewertungssystem ohne Nutzen für die Verbraucher

 

Zur standardisierten Bewertung der ambulanten und stationären Pflege durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) nimmt der ASB Landesverband NW e.V. wie folgt Stellung:Was im Dezember 2009 mit großen Erwartungen seitens der Träger und Verbraucher gestartet war, ist inzwischen zum Bewertungschaos verkommen und hinterlässt ratlose Pflegende und verunsicherte Angehörige. Zwar gaukeln die bisher nur in Einzelfällen veröffentlichten "Pflegenoten" des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) Transparenz und Vergleichbarkeit vor, mit der tatsächlichen Qualität von Pflege aber haben sie meist kaum etwas zu tun.Die Teams des MDK prüfen sehr detailliert und ihre Ergebnisse lassen sich nun von Jedermann nachlesen. Damit sollte eigentlich ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz in der Pflege gemacht werden – ein sinnvolles Ziel, das aber offenbar völlig verfehlt wurde.Denn interessierte Verbraucher bekommen durch die veröffentlichten Transparenzberichte und "Pflegenoten" lediglich den standardisierten Eindruck der Prüfer von der sogenannten Prozessqualität. Nicht ob eine einfallsreiche und persönliche soziale Betreuung in einer Einrichtung erfolgt kann hier abgelesen werden, sondern lediglich, ob der Entstehungsprozess der Freizeitangebote anhand der Bewohnerbiografien strukturiert erfolgte und bis ins Kleinste verschriftlicht wurde. Auch in anderen Bereichen der Bewertungen zählt das Konzept mehr als die tatsächliche Anwendung zum Wohle der Seniorinnen und Senioren. Benotet werden also eher das Qualitätsmanagement und die Dokumentationsmappen eines Pflegeheimes und nicht die Versorgung der Bewohner.

Mit viel zu viel Misstrauen werden hier Pflegeanbieter und vor allem die dort arbeitenden Menschen öffentlich bewertet, ohne dass Pflegebedürftige oder deren Angehörige wirklich einen Eindruck bekommen können, ob und wie ihren individuellen Bedürfnissen in einer Einrichtung Rechnung getragen wird.

Wenig verwunderlich ist es also, dass seit der Veröffentlichung der ersten "Pflegenoten" die Kritik aus allen Richtungen nicht abreißt. Nicht nur Träger und Verbände beschweren sich über kaum nachvollziehbare Transparenzberichte, sondern auch die Prüfbehörden selber stellen das System längst in Frage. So haben beispielsweise der MDK in Rheinland-Pfalz und auch der dortige AOK-Chef so drastische Vorbehalte gegenüber den Bewertungskriterien, dass sie selbst von einer Veröffentlichung der durch sie erhobenen Daten abrieten.

Herbe Kritik gibt es auch an den Benotungen der ambulanten Pflegedienste. Sie sollten eine tragende Säule des wichtigen und richtigen Grundsatzes "ambulant vor stationär" sein, werden mit den Bewertungskriterien der Transparenzberichte nun aber ungerechtfertigt schlecht dargestellt.

Nun soll das System der Transparenzberichte offenbar schon in den nächsten Wochen und Monaten wieder überarbeitet werden. Dies ist erfreulich – kommt aber zu spät. Denn die irreführenden Bewertungen, die öffentliche Diskussion und das von vielen Prüfbehörden zur Schau getragene Misstrauen gegenüber den vielen engagiert arbeitenden Pflegekräften und Trägern haben bereits einen Schaden hinterlassen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zum Wohle von Seniorinnen und Senioren wird damit nicht leichter.Foto: ASB Herne-Gelsenkirchen