Presseerklärung vom 12.03.2018
Anlässlich der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags am 12. März 2018 durch CDU/CSU und SPD, erklärt Dr. Georg Scholz, Vorsitzender des ASB NRW e.V.:
Der Koalitionsvertrag der Großen Koalition schneidet viele wichtige Themen an, es fehlt aber der Mut zu entscheidenden Weichenstellungen, um die derzeitigen und zukünftigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen entschieden anzupacken. Themen wie soziale Gerechtigkeit, Globalisierung, gerechte Gesundheitsversorgung, demografischer Wandel, Diversity, Digitalisierung, wissenschaftlicher Fortschritt, Nachhaltigkeit und Zugang zu Ressourcen bestimmen nicht nur die Gesellschaft von heute, sie werden auch in Zukunft das Miteinander maßgeblich beeinflussen. Hier lässt der Koalitionsvertrag zu viele Fragen offen oder findet zu vage Formulierungen.
Der ASB in NRW, der auch im Bereich der Flüchtlingshilfe aktiv ist, sieht etwa bei den Koalitionsbeschlüssen zur Flüchtlingspolitik erheblichen Korrekturbedarf. So vereinbarten die zukünftigen Regierungsparteien zum Familiennachzug bei subsidiär Geschützten ab dem 01. August 2018, dass der Zuzug auf 1000 Personen pro Monat begrenzt ist und die Härtefallregelung nach den §§ 22 und 23 Aufenthaltsgesetz jenseits dieses Kontingents Anwendung findet.
Der ASB NRW e.V. kritisiert diese Regel scharf und fordert stattdessen einen unbegrenzten Familiennachzug bei subsidiär Geschützten. Das Zusammenführen von Familien ist allein schon aus humanitären Gründen geboten, alles andere eine menschliche Katastrophe.
Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Lösung ist zudem verfassungsrechtlich umstritten, wie es selbst in entsprechenden Bundestagsanhörungen zum Ausdruck kam. Zudem verhindert diese Lösung eine gelingende Integration der sich bereits in Deutschland befindlichen Flüchtlinge und hat häufig negative gesundheitliche Folgen für die von ihren Familien getrennten Flüchtlingen in Deutschland. Verschärft wird dieses Problem durch die andauernden und immer wieder aufflammenden Kämpfe in Krisengebieten. Es ist unwahrscheinlich, dass die betroffenen Flüchtlinge in absehbarer Zeit in ihre Heimat und damit auch zu ihren Familien zurückehren können. Diese Flüchtlinge müssen zeitnah und vollständig in die deutsche Gesellschaft integriert werden. Unerlässlich ist hierfür der uneingeschränkte Familiennachzug bei subsidiär Geschützten. Angesichts einer überschaubaren Anzahl von geschätzten 50.000 bis 70.000 Angehörigen, die zusätzlich nach Deutschland nachziehen könnten, sollte die deutsche Gesellschaft damit nicht überfordert sein. Das Gegenteil ist der Fall: Eine gelingende Integration ist ein Gewinn für Flüchtlinge und Gesellschaft.
Und: Die Große Koalition ist aufgefordert, mit aller Entschlossenheit Fluchtursachen zu bekämpfen und ein Einwanderungsgesetz zeitnah auf den Weg zu bringen.