Wer übernimmt die Kosten für die Pflege? Informationen zur Pflegeversicherung

Pflegebedürftigkeit kann plötzlich oder schleichend eintreten und man ist fast nie darauf vorbereitet. Der Hilfebedarf kann völlig unterschiedlich sein, in dem einen Fall kann eine hauswirtschaftliche Unterstützung ausreichen, ein anderer benötigt regelmäßig Hilfe bei der Körperpflege, wiederum andere brauchen fast ständig Betreuung. Doch wer übernimmt die Kosten?

Leistungen der Pflegeversicherung

Die Pflegeversicherung hält eine Vielzahl von Leistungsmöglichkeiten bereit, die auch miteinander kombiniert werden können. Sie beteiligt sich – je nach im Gutachten festgestellten Grad der Einschränkung der Selbstständigkeit – bis zu bestimmten Höchstbeträgen an den entstehenden Kosten.

Soll zum Beispiel ein ambulanter Pflegedienst vollständig die Pflege und Betreuung übernehmen, sind die finanziellen Leistungen der Pflegeversicherung nicht ausreichend, um den bestehenden Hilfebedarf zu finanzieren. Im Allgemeinen ist eine finanzielle Eigenleistung des Pflegebedürftigen erforderlich. Reicht das Einkommen des Pflegebedürftigen hierfür nicht aus, sind eventuell ergänzende Leistungen durch das Sozialamt möglich.

Tipp

Gerade in der häuslichen Pflege können viele Leistungen zusätzlich zur Geld- oder Sachleistung regelmäßig genutzt werden. Werden sie nicht in Anspruch genommen, verfallen sie.

Pflegesachleistung

Die Pflegesachleistung umfasst Leistungen, die von einem zugelassenen ambulanten Pflegedienst erbracht werden. Sie unterscheidet sich in ihrer Höhe nach den jeweiligen Pflegegraden.

  • Pflegegrad 1 – 2: bis zu 689 Euro
  • Pflegegrad 3: bis zu 1.298 Euro
  • Pflegegrad 4: bis zu 1.612 Euro
  • Pflegegrad 5: bis zu 1.995 Euro

Mit der Pflegesachleistung können bedarfsgerecht verschiedene Hilfestellungen durch einen Ambulanten Pflegedienst in Anspruch genommen werden.

  1. Unterstützung bei sogenannten körperbezogenen Pflegemaßnahmen: Die körperbezogenen Pflegemaßnahmen umfassen alle Hilfestellungen bei der Körperpflege, dem Anund Auskleiden, der Mobilität innerhalb der Wohnung sowie der Nahrungsaufnahme.
  2. Pflegerische Betreuungsmaßnahmen: Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen bedarfsgerechte Maßnahmen zur Tagesstrukturierung, zur Beschäftigung und Freizeitgestaltung, Begleitung zur Teilhabe am sozialen Leben oder die bloße Anwesenheit einer Pflegekraft um Sicherheit zu geben.
  3. Hilfen bei der Haushaltsführung: Die Hilfen bei der Haushaltsführung umfassen die Unterstützung beim Einkauf, bei der Vor- und Zubereitung der Mahlzeiten, dem Spülen, dem Aufräumen und Reinigen der Wohnung sowie beim Wechseln und Waschen der Wäsche.

Tipp

Ambulante Pflegeleistungen können auch außerhalb der Wohnung des Pflegebedürftigen, zum Beispiel in der Wohnung eines Angehörigen, in einer ambulanten Wohngemeinschaft oder auch an einem Urlaubsort innerhalb Deutschlands in Anspruch genommen werden.

Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen

Pflegebedürftige können anstatt der Pflegesachleistung auch den Bezug des Pflegegeldes wählen. Die Pflege muss dann in Eigenorganisation sichergestellt werden. Dies kann zum Beispiel durch Angehörige, Freunde, Nachbarn oder andere dem Pflegebedürftigen nahestehende Personen erfolgen.

Der Pflegebedürftige kann frei über das Pflegegeld verfügen und es seinen Pflegepersonen als Anerkennung für ihre Hilfe zukommen lassen. Die Geldleistung unterscheidet sich in ihrer Höhe nach den jeweiligen Pflegegraden. Ein Anspruch darauf besteht ab dem Pflegegrad 2.

  • Pflegegrad 1 und 2: 316 Euro
  • Pflegegrad 3: 545 Euro
  • Pflegegrad 4: 728 Euro
  • Pflegegrad 5: 901 Euro

Verpflichtende Beratungsbesuche durch einen Ambulanten Pflegedienst

Bei Bezug von Pflegegeld muss der Pflegebedürftige regelmäßige Beratungsbesuche durch einen zugelassenen ambulanten Pflegedienst in Anspruch nehmen. In den Pflegegraden 2 und 3 besteht die Verpflichtung halbjährlich, in den Pflegegraden 4 und 5 vierteljährlich. Pflegebedürftige im Pflegegrad 1 können ebenso wie Pflegebedürftige, die von einem Pflegedienst gepflegt werden, die Beratunsgbesuche freiwillig halbjährlich in Anspruch nehmen. Die Termine dienen der Beratung rund um die Pflegesituation und der Qualitätssicherung.

Der Pflegedienst muss bescheinigen, dass die häusliche Pflege sichergestellt ist, damit die Pflegekasse das Pflegegeld im vollen Umfang weiter bezahlt. Fehlt dieser Nachweis, kann die Pflegekasse das Pflegegeld um 50% kürzen und im Wiederholungsfall die Auszahlung gänzlich verweigern.

 

Wenn eine private Pflegeperson gern die Pflege übernehmen möchte, jedoch für einzelne Hilfeleistungen wie zum Beispiel beim wöchentlichen Vollbad oder beim Duschen zusätzlich auf die Unterstützung eines ambulanten Pflegedienstes zurückgreifen möchte, ist es sinnvoll, die Kombinationsleistung zu wählen. In den Fällen erhalten der Pflegedienst und der Pflegebedürftige jeweils anteilig Leistungen. Die Pflegekasse rechnet dann am Ende des Monats die Pflegeleistungen vertragsgemäß mit dem Pflegedienst ab und der Pflegebedürftige erhält anteilig in Prozenten errechnet das Pflegegeld.

Beispiel:

Beträgt bei einem Pflegebedürftigen im Pflegegrad 2 die Rechnung des Pflegedienstes am Monatsende 344,50 Euro, also 50% der Sachleistung, so erhält der Pflegebedürftige ebenfalls 50% der Geldleistung bei Pflegegrad 2 – also 158 Euro – ausbezahlt.

Jeder Pflegebedürftige mit einem Pflegegrad hat Anspruch auf bis zu 125 Euro monatlich für zusätzliche Leistungen, die zum einen die Pflegeperson entlasten und zum anderen die Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit des Pflegebedürftigen fördern sollen. Der Betrag kann ausschließlich für qualitätsgesicherte Angebote genutzt und nicht als Geldleistung für informelle Pflege ausbezahlt werden.

Beispiele für die Nutzung des Entlastungsbetrags:

  • Erstattung von Aufwendungen des Ambulanten Pflegedienstes 
  • individuelle Einzelangebote wie gemeinsame Spaziergänge, gemeinsamer Besuch kultureller Veranstaltungen oder Zeit für Unterhaltungen
  • hauswirtschaftliche Unterstützung

Der Entlastungsbetrag ist zwar monatlich budgetiert, muss aber nicht monatlich abgerufen werden. Nicht ausgeschöpfte Beträge können auf die Folgemonate und bis ins erste Halbjahr des Folgejahres übernommen werden.

Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel  werden bis zu einem Betrag von 40 Euro monatlich durch die Pflegekasse finanziert, darüber hinausgehende Kosten müssen vom Pflegebedürftigen selbst getragen werden. Dazu gehören zum Beispiel:

  • saugende Bettschutzeinlagen zum Einmalgebrauch
  • Schutzbekleidung wie Einmalhandschuhe, Mundschutz oder Desinfektionsmittel

Technische Pflegehilfsmittel im Sinne der Pflegeversicherung sind zum Beispiel Pflegebetten, Rollstühle, Hebegeräte und Lagerungspolster.

Pflegehilfsmittel müssen nicht ärztlich verordnet werden. Der Pflegebedürftige muss eine Zuzahlung von 10%, höchstens jedoch 25 Euro leisten. Die Zuzahlung entfällt, wenn das Hilfsmittel leihweise überlassen wird. Welche Hilfsmittel als Pflegehilfsmittel gelten, ist im Hilfsmittelverzeichnis festgelegt.

Zusätzliche Möglichkeiten

Es gibt verschiedene Gründe, warum private Pflegepersonen zeitweilig verhindert sein können. In diesen Fällen steht allen Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 ein zusätzliches Budget für Verhinderungspflege mit jährlich bis zu 1.612 Euro zur Verfügung. Mit diesem Budget können im Bedarfsfall Leistungen der sogenannten körpernahen Pflegetätigkeiten, Hilfen bei der Haushaltsführung oder Betreuungsleistungen eingekauft werden. Der Etat kann auch in einer Tagespflegeeinrichtung oder der Kurzzeitpflege für die Finanzierung von Pflege-​ und Betreuungsleistungen genutzt werden. Sollen im Fall einer Verhinderung der Pflegeperson Unterstützungsmaßnahmen durch eine private Pflegeperson erbracht werden, wird dies ebenfalls von der Pflegekasse unterstützt. Hierfür steht jedoch nicht immer das gesamte Budget zur Verfügung.

Wichtig zu wissen:

  • Verhinderungspflege kann immer zusätzlich zur Geld-, Sach- oder Kombinationsleistung und jedes Jahr in Anspruch genommen werden.
  • Bei tageweiser Nutzung ist die Leistung auf 42 Kalendertage begrenzt.
  • Wird die Verhinderungspflege stundenweise in Anspruch genommen, besteht keine Begrenzung auf Kalendertage.
  • Voraussetzung zur Nutzung dieses Budgets ist, dass bereits mindestens 6 Monate eine Pflegebedürftigkeit vorliegt und im Pflegegutachten eine private Pflegeperson benannt ist.

Bei der Tages-​ und Nachtpflege handelt es sich um Angebote sogenannter teilstationärer Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige, die ansonsten zu Hause gepflegt werden, sich an einem oder mehreren Tagen oder Nächten in der Woche aufhalten und betreut werden können. Durch dieses Angebot kann die häusliche Pflegesituation entlastet und dadurch eventuell eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung vermieden werden. 

Bei der Wahl der Einrichtung ist es wichtig, darauf zu achten, dass sie den Bedürfnissen des Pflegebedürftigen entgegenkommt. Gibt es dort spezielle Angebote für Menschen mit Demenz? Ist die Möglichkeit, Ausflüge und Spaziergänge zu unternehmen, vorhanden? 

Die Leistungen der Tagespflege (und auch der Nachtpflege) umfassen:

  • Pflegegrad Tagespflege 1 - 2: bis zu 689 Euro
  • Pflegegrad 3: bis zu 1.298 Euro
  • Pflegegrad 4: bis zu 1.612 Euro
  • Pflegegrad 5: bis zu 1.995 Euro  

Wichtig zu wissen:

  • Tages-​ oder Nachtpflege können vollumfänglich neben der Sachleistung in Anspruch genommen werden. 
  • Tages-​ oder Nachtpflege kann sofort nach Feststellung von Pflegebedürftigkeit genutzt werden.

Die Kurzzeitpflege bietet die Möglichkeit einer vorübergehenden Versorgung in einer stationären Pflegeeinrichtung. Sie wird häufig im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung oder Rehabilitationsmaßnahme genutzt, wenn zum Beispiel bei plötzlich eintretender Pflegebedürftigkeit die häusliche Pflegesituation erst noch organisiert werden muss.

Wichtig zu wissen:

  • Kurzzeitpflege kann unmittelbar nach erfolgter Einstufung in einen Pflegegrad in Anspruch genommen werden.
  • Die Leistung steht für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 zur Verfügung. Sie muss bei der zuständigen Pflegekasse beantragt werden.
  • Liegt zum Zeitpunkt des Krankenhausaufenthaltes, in dessen Folge eine Kurzzeitpflege erforderlich wird, noch keine Einstufung vor, kann diese innerhalb einer Woche erfolgen.
  • Kurzzeitpflege kann jährlich bis zu 4 Wochen und bis zu einem Betrag von 1.612 Euro genutzt werden von Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 bis 5.
  • Das Budget der Kurzzeitpflege ist ausschließlich für die Kosten der pflegerischen Versorgung in der Kurzzeitpflegeeinrichtung nutzbar. Die Kosten für Wohnen und Essen (sogenannte Hotelkosten) sowie die Investitionskosten der Einrichtung müssen gesondert finanziert werden. Dies ist gegebenenfalls über den Entlastungsbetrag möglich.

Wichtig zu wissen

  • Im Falle eines Aufenthalts des Pflegebedürftigen in einem Krankenhaus oder einer Rehabilitationseinrichtung wird das Pflegegeld für 4 Wochen weiterbezahlt.
  • Bei Aufenthalt in einer Einrichtung der Kurzzeitpflege wird das bisher bezogene Pflegegeld für bis zu 8 Wochen zur Hälfte weiterbezahlt.
  • Wird das Pflegegeld weitergegeben, gilt dies beim Empfänger nicht als zu versteuerndes Einkommen und wird auch bei anderen Sozialleistungen nicht als Einkommen berücksichtigt.
  • Pflegegeld kann auch im europäischen Ausland bezogen werden.
  • Es ist jederzeit möglich, von der Geldleistung auf die Sach- oder Kombinationsleistung zu wechseln. Die Pflegekasse muss darüber lediglich formlos im Vorfeld informiert werden.